ZEC - Zero emission commitment
Von: Daniel, Matthias -Was passiert mit dem Klima, wenn die CO2-Emissionen eingestellt werden? Dies wird unter dem Begriff “zero emission commitment” (ZEC) betrachtet.
Die aktuellen Klima-Simulationen zeigen fast alle eine nahezu konstante Temperatur mindestens für die nächsten 100 Jahre, nachdem die CO2-Emissionen eingestellt wurden.
Dies ist erst einmal ein wenig überraschend, denn eigentlich erwartet man ein Absinken der Temperaturen, weil die CO2-Senken ja noch eine Weile CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Durch den nun sinkenden CO2-Anteil schwächt sich der Treibhauseffekt etwas ab und es müsste eigentlich kühler werden.
Die Modellrechnungen zeigen dagegen fast alle für die folgenden Jahrzehnte eine nahezu konstante Temperatur - einige zeigen eine geringe Erwärmung, einige eine geringe Abkühlung. Im Mittel bleibt die Temperatur etwa konstant. (Fig. 4.39b)
Fig. 4.39a (AR6 WGI S. 630) | Fig. 4.39b (AR6 WGI S. 630) |
Abnehmende CO2 Pegel | Temperatur bleibt konstant |
Was also ist der Mechanismus hinter diesem Effekt?
Der ZEC beschreibt einen dynamischen Effekt der Temperaturentwicklung, der durch die Trägheit der Reaktionen der Atmosphäre und der Land- bzw. der Ozean Senke auf die geänderte Situation entsteht, wenn nach einer “raschen” Erhöhung des CO2 Anteils in der Atmosphäre die CO2 Emissionen eingestellt werden.
Der CO2 Anteil in der Atmosphäre
Zunächst einmal laufen die CO2-Senken weiter, weil der CO2-Anteil in der Atmosphäre so schnell gestiegen ist, dass die Senken noch dem CO2-Gleichgewichtszustand nacheilen. Wenn die CO2-Emissionen dann eingestellt werden, brauchen sie noch eine gewisse Zeit bis sie ihren jeweiligen Gleichgewichtszustand erreicht haben. Die Senkenleistung reduziert sich dabei jeweils, je näher die Systeme ihrem Gleichgewichtszustand kommen. Während dieser Zeit nehmen sie laut den Modellrechnungen weiter CO2 aus der Atmosphäre auf (mit fallender Tendenz) und senken dadurch den CO2-Anteil in der Atmosphäre wieder (Fig. 4.39a).1 Durch den nun geringeren CO2 Gehalt reduziert sich der Treibhauseffekt etwas.
Dies führt aber nicht zu einer Abkühlung der Atmosphäre, weil hier neben dem CO2 ein weiterer Mitspieler ins Bild kommt, der hier eine entscheidende Rolle spielt: Der Energieaustausch zwischen Ozeanen und Atmosphäre:
Die Wärmespeicherung durch die Ozeane
Die Ozeane haben eine große Masse und Wasser hat eine, verglichen mit der Luft, recht hohe Wärmekapazität. Das bedeutet, dass die Ozeane große Energiemengen aufnehmen müssen, um wärmer zu werden.
Wie beim CO2 eilt im Moment die Temperatur der Ozeane der Temperatur der Atmosphäre hinterher. Solange die Ozeane noch kälter sind, nehmen sie also Energie aus der Atmosphäre auf und werden dadurch langsam wärmer. Dieser Wärmetransport von Atmosphäre nach Ozean kühlt die Atmosphäre ab und heizt die Ozeane Dieser Prozess dauert so lange an, bis die Ozeane mit ihrer Temperatur aufgeholt haben und er verlangsamt sich wie beim CO2 um so mehr, je geringer die Temperaturdifferenz wird.
Mit anderen Worten: Die Atmosphäre ist wegen der Ozeane im Moment kühler, als sie aufgrund des aktuellen Treibhauseffekts sein müsste. Fiele die Kühlwirkung der Ozeane weg, dann würde die Atmosphäre wärmer, bis sie ihren “natürlichen” Gleichgewichtszustand, der zur aktuellen Verteilung der Treibhausgase passt, erreicht hätte.
Wenn die Emissionen dann weniger, bzw. eingestellt werden, können diese “Senken” aufholen. Die Temperaturdifferenz zwischen Ozean und Atmosphäre wird dann geringer und dadurch sinkt dann auch die kühlende Wirkung. Gleichzeitig sinkt auch der CO2 Anteil in der Atmosphäre etwas, da die Ozeane weiter CO2 aufnehmen. Dadurch nimmt der Treibhauseffekt ab.
Die Simulationen zeigen nun, dass diese abnehmende Kühlung und die reduzierte Erwärmung durch sinkende CO2 Pegel eine vergleichbare Größenordnung und (zumindest in der näheren Zukunft) eine ähnliche Zeitskala haben und sich gegenseitig nahezu aufheben. Mit anderen Worten: Nach Ende der Emissionen bleibt die Temperatur erst einmal konstant (und sinkt nicht!). (Fig. 4.39b)
Diese Kombination der beiden Effekte, der sinkende Antrieb des CO2s und die sinkenden Kühlwirkungen, wird als “zero emission commitment” (ZEC) bezeichnet.2 3
Nach einer Weile werden diese Prozesse ihre Gleichgewichtszustände erreicht haben. Dann endet der ZEC und die “normalen” langfristigen Prozesse, die das Klima in der Vergangenheit bestimmt haben, übernehmen dann wieder.
Der ZEC und das CO2-Budget
Der ZEC ist einer der beiden Hauptgründe, warum aktuell von einem Budget an Treibhausgasen die Rede ist, das uns zur Verfügung steht. Er beschränkt die Menge an CO2, die wir emittieren dürfen, wenn wir die Temperatur begrenzen wollen. Ohne den ZEC könnten wir kein CO2 Budget berechnen.
Wegen des ZECs können wir, in Kombination mit dem TCRE sinnvolle Aussagen treffen wie “Um 2 Grad Erderwärmung nicht zu überschreiten, dürfen wir maximal noch X Gigatonnen Kohlenstoffäquivalente ausstoßen”
Zur Sicherheit nochmal:
Der ZEC gilt heute, weil durch uns ein rascher Anstieg des CO2-Anteils in der Atmosphäre vorausgegangen ist. Nur dann sind die Systeme wegen ihrer Trägheit noch relativ weit von ihren Gleichgewichtszuständen entfernt. In einem Szenario, in dem der CO2 Anteil längere Zeit nur sehr langsam gestiegen wäre, hätte sich das System schon während dieser Zeit des langsamen Anstiegs den Gleichgewichtszuständen annähern können. Aber diese Szenarien brauchen wir hier nicht zu betrachten - sie werden in unserer nahen Zukunft nicht eintreten.
Quellen
- IPCC, 2021: Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change[Masson-Delmotte, V., P. Zhai, A. Pirani, S.L. Connors, C. Péan, S. Berger, N. Caud, Y. Chen, L. Goldfarb, M.I. Gomis, M. Huang, K. Leitzell, E. Lonnoy, J.B.R. Matthews, T.K. Maycock, T. Waterfield, O. Yelekçi, R. Yu, and B. Zhou (eds.)]. Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom and New York, NY, USA, In press, doi:10.1017/9781009157896.
- MacDougall, A.H. et al., 2020: Is there warming in the pipeline? A multi-model analysis of the Zero Emissions Commitment from CO2. Biogeosciences, 17(11), 2987–3016, doi:10.5194/bg-17-2987-2020](https://doi.org/10.5194/bg-17-2987-2020)
Versionshistorie
Datum | Version | Bemerkung |
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07.10.2023 | 1.0.0 | Initiale Fassung |
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MacDougall 2020: Abstract
The Zero Emissions Commitment (ZEC) is the change in global mean temperature expected to occur following the cessation of net CO2 emissions and as such is a critical parameter for calculating the remaining carbon budget. The Zero Emissions Commitment Model Intercomparison Project (ZECMIP) was established to gain a better understanding of the potential magnitude and sign of ZEC, in addition to the processes that underlie this metric. A total of 18 Earth system models of both full and intermediate complexity participated in ZECMIP. All models conducted an experiment where atmospheric CO2 concentration increases exponentially until 1000 PgC has been emitted. Thereafter emissions are set to zero and models are configured to allow free evolution of atmospheric CO2 concentration. Many models conducted additional second-priority simulations with different cumulative emission totals and an alternative idealized emissions pathway with a gradual transition to zero emissions. The inter-model range of ZEC 50 years after emissions cease for the 1000 PgC experiment is −0.36 to 0.29 ∘C, with a model ensemble mean of −0.07 ∘C, median of −0.05 ∘C, and standard deviation of 0.19 ∘C. Models exhibit a wide variety of behaviours after emissions cease, with some models continuing to warm for decades to millennia and others cooling substantially. Analysis shows that both the carbon uptake by the ocean and the terrestrial biosphere are important for counteracting the warming effect from the reduction in ocean heat uptake in the decades after emissions cease. This warming effect is difficult to constrain due to high uncertainty in the efficacy of ocean heat uptake. Overall, the most likely value of ZEC on multi-decadal timescales is close to zero, consistent with previous model experiments and simple theory. (Hervorhebung durch uns) ↩︎ -
AR6 WG1 S. 752: 5.5.2.2.4 Adjustments due to the zero emissions commitment
Use of TCRE for estimating remaining carbon budgets needs to consider the zero emissions commitment (ZEC), the potential additional warming after a complete cessation of net CO2 emissions. Based on the ZEC assessment presented in Section 4.7.1.1, the ZEC’s central value is taken to be zero with a likely range of ±0.19°C, noting that it might either increase or decrease after half a century. ZEC uncertainty is assessed for a time frame of half a century, as this most appropriately reflects the time between stringent mitigation pathways reaching net zero CO2 emissions and the end of the century. For shorter time horizons, a similar central zero value applies, but with a smaller range (MacDougall et al., 2020). Experiments that ramped up and down emissions following a bell-shaped trajectory (MacDougall and Knutti, 2016a) show that when annual CO2 emissions decline to zero at a pace consistent with those currently assumed in mitigation scenarios (Huppmann et al., 2018; Rogelj et al., 2018b), the ZEC will already be realized to a large degree at the time of reaching net zero CO2 emissions (MacDougall et al., 2020).
(Hervorhebung durch uns) ↩︎ -
AR6 WG1 S. 631: 4.7.1.1 Climate Change Following Zero Emissions
… Here we draw on new simulations to provide an assessment of ZEC using multiple ESMs (Jones et al., 2019) and EMICs (MacDougall et al., 2020). Figure 4.39 shows results from 20 models that simulate the evolution of CO2 and the GSAT response following cessation of CO2 emissions for an experiment where 1000 PgC is emitted during a 1% per year CO2 increase. All simulations show a strong reduction in atmospheric CO2 concentration following cessation of CO2 emissions in agreement with previous studies and basic theory that natural carbon sinks will persist. Therefore, there is very high confidence that atmospheric CO2 concentrations would decline for decades if CO2 emissions cease. Temperature evolution in the 100 years following cessation of emissions varies by model and across time scales, with some models showing declining temperature, others having ZEC close to zero, and others showing continued warming following cessation of emissions (Figure 4.39). The GSAT response depends on the balance of carbon sinks and ocean heat uptake (MacDougall et al., 2020). The 20-year average GSAT change 50 years after the cessation of emissions (ZEC50) is summarized in Table 4.8. The mean value of ZEC50 is –0.079°C, with 5–95% range –0.34°C–0.28°C. There is no strong relationship between ZEC50 and modelled climate sensitivity (neither ECS nor TCR; MacDougall et al., 2020). It is therefore likely that the absolute magnitude of ZEC50 is less than 0.3°C, but we assess low confidence in the sign of ZEC on 50-year time scales. This is small compared with natural variability in GSAT.
(Hervorhebung durch uns) ↩︎